Die Blankoverordnung in der Ergotherapie wurde lange herbeigesehnt. Weniger Starre, mehr Flexibilität, Eingehen auf individuelle Bedürfnisse und in Summe ein effektiveres und effizienteres System – so die angekündigten wesentlichen Vorteile der Blankoverordnung. Das Resümee nach über einem Jahr Umsetzung in der Praxis: „Wer das Prinzip einmal verstanden hat, ist begeistert“, lautet das Statement des Ergotherapeuten Marwin Gabrecht, DVE (Deutscher Verband Ergotherapie e.V.). Dies gilt nicht nur für Ergotherapeut:innen, sondern ebenso für Patient:innen und erst recht für Ärzt:innen. Gerade für diese Berufsgruppe bedeutet die Blankoverordnung Erleichterung auf mehreren Ebenen: Blankoverordnungen sind budgetneutral, sprich die Kosten hierfür werden dem Arzt oder der Ärztin im Gegensatz zu den Regelverordnungen nicht belastet, der Zeitaufwand für die Formalitäten hat sich reduziert, weil weniger auszufüllen ist und die Verordnungen über einen längeren Zeitraum von 16 Wochen gehen. Patient:innen müssen also seltener zu ihrem Arzt oder Ärztin und sie brauchen meist weniger Termine für die ergotherapeutische Intervention oder sie sind schneller wieder einsatzfähig.
Bislang sind Blankoverordnungen für drei ergotherapeutische Diagnosegruppen möglich. Der Ergotherapeut Marwin Gabrecht, der sich mehrmals im Jahr zum Austausch mit anderen Inhaber:innen ergotherapeutischer Praxen trifft, berichtet stellvertretend für diesen Kreis: „Die meisten Blankoverordnungen kommen aus dem psychiatrischen Bereich; meine Kolleg:innen, die sich hierauf spezialisiert haben, erhalten fast nur noch diese Form der Verordnung“. Bei ihm selbst sei es durchmischter; die Blankoverordnungen nähmen jedoch stetig zu. Von anderen Praxen ist bekannt, dass nach zu erwartenden, kleineren Anlaufschwierigkeiten die Blankoverordnung mittlerweile von den meisten Ärzt:innen sehr gut angenommen, sprich vorzugsweise in dieser Form verordnet wird.
Weniger Aufwand für Ärzt:innen, mehr Verantwortung für Ergotherapeut:innen
Bei Erkrankungen der Wirbelsäule, der Gelenke und Extremitäten wie Rheuma und ebenso bei handtherapeutischen Problemen nutzt das Gros der Ärzt:innen mittlerweile Blankoverordnungen. Genauso verhält es sich bei affektiven und wahnhaften Störungen wie Depressionen, Schizophrenie oder Abhängigkeitssyndromen und bei Patient:innen mit den verschiedenen Formen einer Demenz. Die Entlastung für Ärzt:innen ist sowohl finanziell – die Kosten für die Behandlung mit einer Blankoverordnung werden dem Arzbudget nicht belastet – als auch zeitlich deutlich spürbar. Es sind nur noch die Felder „Diagnose“, „Diagnosegruppe“, „Hausbesuch ja oder nein“, „Bericht benötigt“ auszufüllen und mit dem letzten Click wird gedruckt und der Vorgang abgeschlossen. Die übrigen Elemente der geplanten Therapie „Heilmittel“, „ergänzende Heilmittel“, „Anzahl Behandlungseinheiten“ und „Frequenz“ besprechen Ergotherapeut:innen bei einer Blankoverordnung mit ihren Patient:innen, wobei sie immer deren jeweilige Fähigkeiten, Möglichkeiten und Bedürfnisse berücksichtigen. In Summe bedeutet die Blankoverordnung zwar mehr Aufwand und Verantwortung für Ergotherapeut:innen, jedoch bietet sie vor allem einen größeren Gestaltungsspielraum und deutlich mehr Flexibilität sowohl für Patient:innen als auch für Ergotherapeut:innen. Dass Patient:innen seltener in die ärztliche Praxis kommen müssen, um eine neue Verordnung abzuholen – sofern sie überhaupt eine Folgeverordnung benötigen – ist für alle ein (Zeit-)Gewinn und ebenso verhält es sich mit dem Zeitbedarf für die Ergotherapie: Auch der ist in den meisten Fällen geringer.
Bessere Versorgung der Patient:innen bei weniger zeitlichem Aufwand
Warum ist das so? Marwin Gabrecht, der sich im Bereich der Erkrankungen des Bewegungsapparats etabliert hat, wozu auch handtherapeutische Probleme gehören, erklärt das anhand eines Beispiels: „Für bestimmte Erkrankungen wie Arthrose sieht die Regelverordnung zwei Mal dreißig Minuten in der Woche vor, was bedeutet: entweder zwei Mal beide Hände nicht ausreichend oder jeweils eine Hand pro Termin mehr als gut behandeln“. Seit seine Patient:innen mit Arthrose in den Händen eine Blankoverordnung erhalten, kann er an einem Termin von 45 Minuten pro Woche beide Hände gut versorgen. Sehr zur Freude aller: Die Patient:innen müssen nur noch einmal die Woche in die Ergotherapie – haben also weniger Zeitaufwand für die An- und Rückfahrt – und beide Hände sind zur selben Zeit schmerzfreier, beweglicher, die Betroffenen können aktiver sein. Die Ärzt:innen sind ebenfalls angetan, da die Ergebnisse für sich sprechen und zwar nicht nur bei einer Arthrose in den Händen, sondern auch bei anderen Erkrankungen und Diagnosegruppen. Kurzum: die Qualität ist gestiegen.
Frühzeitiges Zusammenspiel von Ärzt:in, Patient:in und Ergotherapeut:in gefragt
Auch weitere Vorteile sind nennenswert, etwa bei einer vorhersehbaren ergotherapeutischen Intervention: Klappt das Zusammenspiel von Ärzt:in, Patient:in und Ergotherapeut:in im Vorfeld einer geplanten OP, können Therapie, Nachversorgung und dadurch die Heilungsprozesse optimal verlaufen. Marwin Gabrecht verdeutlicht dies am Fall eines Patienten die in Absprache mit ihrem Arzt rechtzeitig vor ihrer OP am Karpaltunnelsyndrom Termine für eine ergotherapeutische Intervention mit ihm verabredete. Er konnte daher schnellstmöglich nach der OP mit der Narbenbehandlung beginnen und diese in kurzen Frequenzen stattfinden lassen. Nach nur zehn Terminen war die ergotherapeutische Behandlung beendet. Mit einer Regelverordnung und starr festgelegten Behandlungseinheiten wäre es langwieriger: „Üblich sind drei Verordnungen à 10 Einheiten“, bestätigt der Ergotherapeut und fügt hinzu: „Von den besseren Resultaten einer frühzeitigen, engmaschigen Versorgung in diesem Fall ganz zu schweigen“. Das leuchtet ein, denn um die Durchblutung zu fördern und dadurch den gesamten Heilungsprozess zu fördern, ist es wichtig, das Gewebe in Narbennähe zeitnah zu massieren und zu mobilisieren. So lassen sich Verklebungen verhindern oder bereits entstandene lösen. Je länger sich der Beginn der Behandlung hinzieht oder zu große Abstände zwischen den einzelnen Terminen sind, umso schwerer sind gute Ergebnisse zu erzielen.
Fazit und Zukunftsvisionen
„Im Behandlungsprozess hat sich durch die Blankoverordnung vieles verbessert“, begeistert sich Gabrecht. Für ihn und andere Ergotherapeut:innen bedeutet die Blankoverordnung: in weiteren Punkten das Ideal einer ergotherapeutischen Intervention erfüllen. Ergotherapeut:innen können dank der Spielräume einer Blankoverordnung noch stärker klientenzentriert vorgehen, indem sie zunächst gemeinsam mit ihren Patient:innen den Therapieplan, die Taktung und auch die Dauer der einzelnen Behandlungen oder zusätzliche Mittel festlegen. Individuelle Faktoren wie das jeweils eigene Tempo können jetzt viel besser berücksichtig werden: wer seine Fähigkeiten schneller verbessert, kann in kürzeren Abständen kommen, als diejenigen, die länger brauchen. Solche Freiräume sind wichtig, um die gemeinsam festgelegten Ziele besser erreichen zu können. Sind Patient:innen von Anfang an eng in die gesamte Therapie eingebunden, sind sie zudem motivierter, arbeiten besser mit – auch zuhause – und tragen so dazu bei, dass, wo immer möglich, weniger ergotherapeutische Termine nötig sind.
Informationsmaterial zu den vielfältigen Themen der Ergotherapie gibt es bei den Ergotherapeut:innen vor Ort; Ergotherapeut:innen in Wohnortnähe auf der Homepage des Verbandes unter https://dve.info/service/therapeutensuche. Zum Podcast gerne hier entlang: https://dve-podcast.podigee.io/
Wer auch in der kalten Jahreszeit aktiv bleibt, schützt seine Gelenke am besten, rät die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) anlässlich des Tags der älteren Generation. Schon ein täglicher Spaziergang im Herbst hält beweglich und beugt Beschwerden vor. Gerade wenn es draußen kalt und ungemütlich wird, berichten viele ältere Menschen über Steifigkeit in Muskeln und Gelenken. Besonders betroffen sind Menschen mit Arthrose oder Rheuma.
Tag der älteren Generation am 1. Oktober
Fachleute sprechen von „Wintersteifigkeit“ – Beschwerden, die sich durch Schmerzen, eingeschränkte Beweglichkeit und Morgensteifigkeit äußern und oft auch den Kreislauf betreffen. „Sich bewegen ist das wirksamste Mittel, um diesen Problemen vorzubeugen. Schon kleine Routinen im Alltag machen einen großen Unterschied“, sagt DGOU-Präsident Prof. Dr. Christoph H. Lohmann, Direktor der Orthopädischen Universitätsklinik Magdeburg.
DGOU-Tipps gegen Wintersteifigkeit
• Täglich bewegen: Spaziergänge, Gymnastik oder Training am Gerät
• Aufwärmen nicht vergessen: vor jeder Aktivität Muskeln und Gelenke langsam mobilisieren
• Richtig kleiden: mehrschichtige Kleidung, warme Schuhe und Handschuhe
• Wärme nutzen: Wärmflaschen, Pads oder Saunagänge können Beschwerden lindern.
• Frühzeitig handeln: bei anhaltenden oder plötzlichen Beschwerden ärztlichen Rat einholen
Warum Beschwerden im Herbst zunehmen
Sinkende Temperaturen und feuchte Witterung setzen Muskeln und Gelenken zu: Die Durchblutung nimmt ab, Bänder und Sehnen werden steifer und auch die Gelenkflüssigkeit verändert sich. Kalte Feuchtigkeit führt zur Schwellung der Gelenke und Luftdruckschwankungen können den Druck im Gelenkinneren beeinflussen und Schmerzen auslösen. Manchmal reagieren die Blutgefäße in der Kälte unregelmäßig. Sie ziehen sich zu stark zusammen oder erweitern sich zu wenig, was zu Blutdruckschwankungen führt. „Besonders gefährdet sind Menschen mit Arthritis, Arthrose, Rheuma oder Erkrankungen der Muskulatur und Sehnen. Bei Kälte, Nässe und weniger Bewegung verschärfen sich ihre Probleme erheblich. Aber auch Patientinnen in den Wechseljahren sowie Menschen mit Über- oder Untergewicht leiden häufiger stärker“, sagt Lohmann.
Bewegung ist die beste Vorbeugung
Regelmäßige Bewegung stärkt Muskeln, hält Gelenke geschmeidig und fördert die Durchblutung. „Schon kleine tägliche Einheiten wie Spaziergänge, Gymnastik oder leichtes Gerätetraining können Beschwerden vorbeugen. Gelenkschonende Sportarten wie Schwimmen, Walking oder Physiotherapieübungen sind besonders geeignet. Sie helfen, Beweglichkeit und Kraft auch in der dunklen Jahreszeit zu erhalten und das Risiko für Schmerzen oder Stürze deutlich zu senken“, sagt Prof. Dr. Bernd Kladny, stellvertretender Generalsekretär der DGOU und Chefarzt der Abteilung für Orthopädie und Unfallchirurgie an der Fachklinik Herzogenaurach. Wichtig ist, den Körper vor jeder Aktivität aufzuwärmen. Gleichmäßige Bewegungen wie lockeres Gehen, Radfahren auf dem Heimtrainer oder leichte Gymnastik bereiten Muskeln und Gelenke optimal vor. Erst wenn der Körper „warmgelaufen“ ist, verträgt er auch Sportarten mit schnellen Stopps oder Richtungswechseln. Bei Aktivitäten im Freien empfiehlt sich, die Atemwege mit Schal oder Tuch zu schützen, da die Bronchien empfindlich auf kalte Luft reagieren.
Folgen von Bewegungsmangel
Wer sich in der dunklen Jahreszeit zu wenig bewegt, hat nicht nur mit Wintersteifigkeit zu tun, sondern baut auch Muskelkraft und Koordinationsvermögen ab. Das erhöht das Risiko für Stürze und Folgeerkrankungen wie Osteoporose. Auch Blutfettwerte und Herz-Kreislauf-Beschwerden können zunehmen. Häufig geraten Betroffene in eine Schmerzspirale: Schmerzen führen zu weniger Bewegung – und weniger Bewegung wiederum verstärkt die Schmerzen.
Wärme schützt vor Beschwerden
Wärme unterstützt den Körper dabei, beweglich zu bleiben. Denn wenn Gelenke oder Muskeln auskühlen, werden sie schlechter durchblutet und dadurch schneller steif oder schmerzen eher. Das bewährte „Zwiebelschalenprinzip“ sorgt dafür, dass Kleidung je nach Aktivität angepasst werden kann. Funktionale, atmungsaktive und wetterfeste Kleidung verhindert Auskühlung, ohne dass man ins Schwitzen gerät. Besonders wichtig sind warme Schuhe, Socken, Handschuhe und eine Mütze, um Wärmeverluste zu vermeiden. „Auch Wärmeanwendungen helfen. Studien zeigen1, dass regelmäßige Saunagänge die Durchblutung fördern, die Elastizität der Gefäße verbessern und den Blutdruck senken. Zuhause sorgen Wärmflaschen, Heizkissen oder Wärmepads für Entlastung“, sagt Lohmann. Zusätzliche Unterstützung bieten heizbare Einlagen, Handschuhe oder Rückengurte sowie durchblutungsfördernde Cremes.
Wann ärztlicher Rat nötig ist
Wenn Schmerzen nicht eindeutig durch Kälte oder nasses Wetter erklärt werden können, mehrere Gelenke gleichzeitig betroffen sind oder plötzliche Bewegungseinschränkungen auftreten, sollte ärztlicher Rat eingeholt werden. Am besten wenden sich Betroffene an eine Fachärztin oder einen Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie. Dort kann abgeklärt werden, ob eine Erkrankung wie Arthrose, Rheuma oder eine andere Ursache vorliegt. Je nach Befund kommen Physiotherapie, Wärmeanwendungen und gezielte Übungen zum Einsatz. Kurzfristig können auch Medikamente oder manuelle Therapien helfen, Schmerzen zu lindern und die Beweglichkeit wiederherzustellen.
Referenzen:
1) Studie: Hinonen I, et al, 2015 American Journal Physical Regulation
Acht Stunden am Schreibtisch, danach Autofahren und abends Netflix auf dem Sofa – Sitzen ist zum Dauerzustand geworden. Doch was bequem wirkt, wird zur Belastung: Bandscheiben, Muskulatur und Haltung leiden – langfristig drohen Schmerzen, Fehlstellungen und sogar chronische Schäden.
Der Mensch ist nicht zum stundenlangen Sitzen gemacht, aber unser Alltag macht uns zum Bewegungsverweigerer. In diesem Beitrag erfahren Sie, warum schon kleine Gewohnheiten großen Schaden anrichten können, wie man die typischen Belastungen im Büroalltag reduziert und welche Maßnahmen wirklich helfen, um die Wirbelsäule dauerhaft gesund zu halten.
Negative Effekte des häufigen Sitzens
Langes Sitzen hat zahlreiche ungünstige Folgen für die Gesundheit. Durch die anhaltende Inaktivität baut der Körper Muskulatur ab. Eine gut trainierte Muskulatur ist jedoch wichtig, weil sie alltägliche Bewegungsabläufe unterstützt und die Gelenke stabilisiert. Fehlt diese Stützkraft, werden die Gelenke stärker belastet und nutzen sich schneller ab, was Schmerzen und Entzündungen begünstigen kann.
Auch die Wirbelsäule leidet unter dem Verlust von Muskulatur. Sie wird bei Unfällen oder Stürzen weniger geschützt und dadurch stärker in Mitleidenschaft gezogen. Das erhöht die Anfälligkeit für Brüche, Prellungen und Einblutungen. Zudem fördern schwache Muskeln Fehlhaltungen wie ein Hohlkreuz oder einen Rundrücken. Neben dem Muskelabbau führt langes Sitzen außerdem zu geringerer Beweglichkeit und nachlassender Leistungsfähigkeit.
So wichtig sind Muskulatur und eine starke Wirbelsäule für die Gesundheit
All diese Faktoren steigern die Anfälligkeit für Beschwerden, vor allem im fortgeschrittenen Alter. Muskeln verkürzen und verziehen sich, was schmerzhaft ist und den Menschen anfälliger für Folgeerkrankungen macht. Wer viel sitzt und nicht mit ausreichender Bewegung und Trainings gegensteuert, altert somit schneller.
Um den eigenen körperlichen Zustand zu überprüfen, ist ein Check beim Orthopäden oder Sportmediziner hilfreich. Die Fachärzte untersuchen die Muskulatur, beurteilen die Kraftreserven und zeigen auf, wo mögliche Schwachstellen bestehen. Dabei können durchaus Unterschiede zwischen rechter und linker Seite oder zwischen vorderem und hinterem Körperbereich auffallen. Auf dieser Basis lassen sich gezielte Maßnahmen ableiten, um Muskulatur, Beweglichkeit und Leistungsfähigkeit wieder zu verbessern.
Durch gezieltes Training und bewusste Ernährung zu mehr Lebensqualität
Der beste Weg, um die negativen Folgen des Sitzens abzuschwächen, besteht in Bewegungsmaßnahmen, die die Schwachstellen des Körpers gezielt trainieren. Dies sollte regelmäßig erfolgen, um langsam die Mobilität wieder zu steigern und den Muskelaufbau zu fördern. Damit alleine ist es jedoch nicht getan. Ein ganzheitlicher Ansatz erfordert auch eine bewusste Ernährung, die den Körper mit Nährstoffen versorgt und so die Effekte des Trainings unterstützt. Mitunter kann es hilfreich sein, neben einer ausgewogenen Ernährung auch auf Ergänzungsmittel zu setzen, um die Versorgung zu optimieren. In einigen Fällen haben sich außerdem Orthesen bewährt. Diese Hilfsmittel helfen dabei, die Wirbelsäule in eine gesunde Position zu bringen. Allerdings sollten sie nur vorübergehend angewendet und nicht als dauerhafte Lösung genutzt werden.
Fazit: Mehr Bewegungsfreude, weniger Schmerzen und ein höheres Wohlbefinden
Mit den richtigen Maßnahmen lässt sich auch im Alter die Lebensqualität deutlich steigern und Beschwerden des Bewegungsapparats – insbesondere der Wirbelsäule – wirksam vorbeugen. Dafür ist ein gezieltes und konsequentes Training erforderlich. Der Einsatz wird belohnt: mit mehr Fitness, Vitalität und einer kräftigen Muskulatur. Je früher auf ausreichend Bewegung und eine ausgewogene Ernährung geachtet wird, desto besser lassen sich typische Beschwerden durch langes Sitzen vermeiden.
Das ist sicher einer der Gründe, weshalb Ärzt:innen und andere Fachdisziplinen nicht immer eine klare Vorstellung davon haben, wann die Unterstützung durch Ergotherapeut:innen zielführend ist, sprich sie eine ergotherapeutische Intervention verordnen können. Ebenso verhält es sich mit dem Mitwirken von Ergotherapeut:innen in Bereichen wie Kommunen oder Schulen und weiteren Einrichtungen oder dem Wissen der breiten Öffentlichkeit. Das soll sich ändern. Mit einer aktualisierten Begriffsbestimmung der Ergotherapie. Mit dieser Aufgabe befasste sich eine Projektgruppe aus im DVE (Deutscher Verband Ergotherapie e.V.) aktiven Ergotherapeut:innen. Sie haben sich auf die Fahne geschrieben, das Spektrum der Ergotherapie auf den Punkt zu bringen.
Ergotherapie ist vor allem aus dem Gesundheitswesen bekannt. Ärzt:innen verordnen Ergotherapie, damit ihre Patient:innen, denen es schwerfällt, ihren Alltag zu bewerkstelligen, befähigt werden, dies besser, anders oder wieder vollständig zu können. Ergotherapeutische Interventionen haben immer zum Ziel, Menschen wieder handlungsfähig zu machen, sie also in die Lage zu versetzen, ihr Leben so zu gestalten, wie sie es sich vorstellen. Das heißt: das tun zu können, was ihnen etwas bedeutet – trotz und mit einer Erkrankung, einer Beeinträchtigung, einer Behinderung, in einer Krise und so weiter. Diese Herangehensweise lässt bereits erahnen, dass Ergotherapie durchaus auch unabhängig von einer Diagnose zum Erfolg führen kann, selbst in einer allgemeinen Krise.
Ergotherapeutische Herangehensweise: funktioniert in vielen Situationen
An bestimmten Erkrankungen oder einer Krise als solcher können Ergotherapeut:innen ebenso wenig etwas verändern wie andere Fachdisziplinen. Was jedoch gelingt: Die jeweils individuelle Situation zu analysieren, die Fähigkeiten und Ressourcen der Betroffenen zu betrachten und ihnen Strategien zu vermitteln, um sie im Rahmen ihrer ganz eigenen Möglichkeiten wieder handlungsfähig zu machen. Im Fokus: die Tätigkeiten, die der betreffenden Person so viel bedeuten, dass sie wieder Antrieb geben, motivieren – auch, morgens aufzustehen und ihr Lebensfreude sowie Lebensqualität bieten. Diesen Ansatz verfolgen Ergotherapeut:innen unter anderem im psychosozialen Bereich, wo sie nicht mehr wegzudenken sind: Das Engagement von Ergotherapeut:innen hat hier eine lange Tradition. Selbst bei Themen wie Magersucht – der psychischen Erkrankung mit der höchsten Sterblichkeitsrate – oder DIS (dissoziative Identitätsstörung), auch als Multiple Persönlichkeitsstörung bekannt, erreichen Ergotherapeut:innen oft ungeahnte Erfolge. Patientenstimmen wie „Ergotherapie ist der größte Gewinn meines Lebens“ unterstreichen dies.
Tabuthemen und mehr: wenig bekannte Arbeitsbereiche von Ergotherapeut:innen
Ergotherapeut:innen wagen sich aber auch an neue, brisante und auch an schambesetzte Themen heran wie beispielsweise Einsamkeit. Einsamkeit ist ein gesamtgesellschaftliches Problem. Es betrifft mittlerweile viele junge und jüngere Menschen und eben nicht nur Ältere. Weitere gesamtgesellschaftliche Themen wie die Situation Geflüchteter, generell Inklusion oder auch die Arbeit im Gemeinwesen werfen Fragestellungen und Schwierigkeiten auf, die Ergotherapeut:innen dank ihrer breitgefächerten Ausbildung gezielt angehen können. Deshalb werden sie immer häufiger von Kommunen – insbesondere in Brennpunktbereichen – eingesetzt. Die Auseinandersetzung mit planetarer Gesundheit gehört für alle Ergotherapeut:innen zum Arbeitsalltag. Zum einen, indem sie teils die eigene Praxis konsequent in eine klimaneutrale, umweltfreundliche Praxis umgestalten und zum anderen bei ihren Interventionen Aspekte des Klimawandels und dessen Auswirkungen auf Patient:innen berücksichtigen.
Ergotherapeut:innen stehen für Vielfalt
Alle Menschen sind unterschiedlich! Diesem Grundsatz folgen Ergotherapeut:innen an jeder Stelle ihres Handelns: Das Recht eines jeden Menschen, seine Individualität zu leben, spielt bei jeder ergotherapeutischen Intervention eine wichtige Rolle: Anhand sogenannter Assessments –das sind spezifische Erhebungs- oder Messinstrumente oder systematische Interaktionen– machen sich Ergotherapeut:innen zunächst ein umfassendes Bild der jeweiligen Person und von deren ganz persönlichen Situation. Auch alles Weitere ist abhängig von den Anliegen und Bedarfen des- oder derjenigen und ihrem Lebensumfeld. Geht es etwa um das Festlegen von Zielen, berücksichtigen Ergotherapeut:innen immer: Welche Anliegen hat genau diese Person, welche Fähigkeiten und Ressourcen stehen ihr dafür zur Verfügung und welche ganz eigenen Ideen zur Realisierung hat sie. Denn auch dies ist eine typische Haltung von Ergotherapeut:innen: es geht darum, wie sich Patient:innen, die Ergotherapeut:innen im Übrigen oft als Klient:innen bezeichnen, ihre Zukunft ausmalen. Und wie sie dahin gelangen. Selbst dann, wenn der oder die behandelnde Ergotherapeut:in die bestmögliche oder sogar mehrere Lösungen sieht und kennt, so ist die Aufgabe immer, Menschen so zu befähigen, dass diese ihre eigenen Lösungen selbst entwickeln. Ergotherapeut:innen nennen diese Herangehensweise einen „shared decision“ Prozess, also gemeinsame Entscheidungen zu treffen. Das hat mit dem Respekt, den sie ihren Klient:innen entgegenbringen zu tun und ebenso mit Nachhaltigkeit: Wer einmal in der Lage ist, für sich passende Lösungen zu finden, kann das auch in Zukunft wieder tun, was wichtig ist, um möglichst unabhängig und selbstbestimmt zu bleiben.
Expertise durch langjähriges Know-how
Ergotherapeut:innen haben ihren festen Platz im Gesundheitswesen und bauen diesen noch immer konsequent weiter aus. In Leitlinien ist festgelegt, bei welchen Indikationen Ergotherapie zum Standard gehört oder bei welchen Spezialteams Ergotherapeut:innen dazugehören – so etwa bei einem Schlaganfall in der Stroke Unit. Genauso selbstverständlich sind sie – und zwar sowohl in Kliniken als auch in niedergelassenen Praxen – in weiteren Arbeitsbereichen zu finden. Dazu gehören beispielsweise die Psychiatrie, Neurologie, Pädiatrie, Handrehabilitation, Geriatrie und auch die Palliativversorgung. Neben der Arbeit im medizinischen Bereich, wie etwa bei Verletzungen oder Erkrankungen, arbeiten sie auch in der Kinder- und Jugendhilfe, zum Beispiel bei Entwicklungsstörungen oder Lernschwierigkeiten. Ergotherapeut:innen sind dafür teilweise vor Ort in Schulen anwesend. Außerdem sind sie in Behinderteneinrichtungen, Seniorenheimen oder Reha-Zentren tätig oder arbeiten im Gemeinwesen mit. Um den Auftrag von Ergotherapeut:innen lässt sich also eine große Klammer fassen, die am Ende das Ergebnis hat, Menschen ihr ganz individuelles Tätigsein zu ermöglichen, um ihre Gesundheit zu fördern und dadurch Teilhabe zu initiieren und zuzulassen.
Weitere Informationen zur Ergotherapie gibt es bei den Ergotherapeut:innen vor Ort; Ergotherapeut:innen in Wohnortnähe auf der Homepage des Verbandes unter https://dve.info/service/therapeutensuche. Zum Podcast gerne hier entlang: https://dve-podcast.podigee.io/